Guten Abend,
unser Sohn wird in 2 Monaten 4 Jahre alt und seit er seinen eigenen Willen entdeckt hat, lehnt er zu 80% des Tages meinen Mann, also seinen Papa ab. Nur ich darf ihn ins Bett bringen, ihm die Zähne putzen, mit ihm Frühstücken und und und. Wenn der Papa ihn mal ins Bett bringen möchte (und das möchte er super gerne), lässt er es nicht zu und sagt „nein, ich mag nicht mit Papa schlafen“ oder „geh jetzt weg Papa“.
Meln Mann fühlt sich also wie das 5. Rad am Wagen und ich bin total genervt, dass so oft alles an mir hängen bleibt. Sobald ich mal ein paar Tage nicht da bin (Dienstreise bspw.) klappt es besser. Aber er fragt dann dennoch ständig nach mir.
Dieser Zustand führt hier im Haus zu so viel Disharmonie, Wutanfällen seitens meines Sohnes und ich bin einfach total erschöpft. Mir tut es auch total Leid, dass mein Mann von ihm so abgelehnt wird und ich fühle mich in dieser Situation sehr hilflos. Er ist natürlich auch traurig darüber, dass er die meiste Zeit so viel Ablehnung erfährt, obwohl er sich so einsetzt und oft da ist.
Ich frage mich: Was können wir tun, dass er weniger an mir klebt und meinen Mann mehr einbezieht und dies auch „freiwillig“ so möchte.
Es ist wirklich Wahnsinn, was hier abgeht. Er kann dann auch abends mehr als 1h weinen und schreien, wenn ich da bin, ihn aber nicht ins Bett bringe. So lange, bis wir nicht mehr können und einknicken.
Ich hoffe, ich bin nicht allein. In meinem Umfeld geht es niemandem so und ich fühle mich ziemlich alleine mit dem „Problem“.
Viele Grüße
Anja
Hallo Anja,
als eine der hiesigen Moderator:innen begrüße ich Sie herzlich im Elternforum!
Sie haben geschrieben, dass Ihr Sohn, der noch 3 Jahre alt ist, Sie und Ihren Mann zurzeit vor große Herausforderungen stellt. Sie, die Mama werden von ihm ganz besonders angefragt, während er den Papa, zumindest wenn Sie zu Hause sind, nicht als Bezugsperson zu akzeptieren scheint und auf Abwesenheit in manchen Situationen wütend und lange nach Ihnen schreiend reagiert bis Sie dann „einknicken“. Unterm Strich sind Sie, da so arg eingespannt von und für den Kleinen erschöpft und genervt. Ihr Mann, so Ihre Schilderung, fühlt sich von ihm abgelehnt, was bei Ihnen wiederum Mitgefühl und Hilflosigkeit und insgesamt Disharmonien auslöst. Ich kann gut verstehen, wie Sie die Lage umtreibt, dass Sie und Ihr Mann grade nicht weiterwissen und dass Sie inzwischen erschöpft sind.
Auch wenn Sie aus Ihrem Umfeld keine ähnliche Konstellation kennen: Ich kann Ihnen versichern, dass Sie nicht alleine damit sind. In der Familienberatungsstelle in der ich arbeite, begegnen mir oft ähnliche Schilderungen wie die Ihre. Auch andere Eltern berichten mir von der Herausforderung, dass ein Elternteil (plötzlich) abgeschrieben ist, der andere dann gezwungenermaßen total eingespannt und irgendwann total erschöpft und ratlos.
Ich habe den Eindruck, dass Sie beide engagiert und liebevoll mit Ihrem Sohn sind und sich schon viele Gedanken gemacht haben, welche Lösungsansätze es geben könnte, um für alle wieder zu mehr Entspannung zu kommen. Sie und Ihr Mann haben offenbar auch schon einiges ausprobiert, wovon manches bereits gelingt! Wenn Sie z.B. verreist sind, scheint es zwischen Papa und Sohn ja relativ gut zu klappen. Dass ein Kind im Alter von etwa vier Jahren bei deren Abwesenheit einer der besonders wichtigen Bezugspersonen fragt, finde ich eigentlich altersgerecht und nicht verwunderlich.
Bei kleineren Kindern, die sich besonders an einen Elternteil klammern, den anderen dagegen von sich weisen, spricht man auch von Mama- oder Papafixierung. In der Regel ist das eine Phase, die wieder vobei geht. Wenn Eltern sich bewusstmachen, dass diese anstrengende Zeit eine Phase ist und nicht anhält, kann das schon eine gewisse Gelassenheit und damit einen veränderten Umgang mit sich bringen. Oft hat es z.B. den Effekt, dass sich der vermeintlich abgelehnte Elternteil nicht so gekränkt fühlt und so zwischen den Elternteilen gute Absprachen, z.B. bzgl. der Verteilung von Aufgaben (z.B. zeitweise Kinderbetreuung versus Haushalt als Entlastung etc.) besser möglich sind.
Bevor ich mir aber vorschnell ein Bild zu Ihrer Lebenssituation mache, stellen sich mir einige Fragen, die ich an Sie weitergeben möchte:
Sie haben zu Anfang Ihrer Ausführungen geschrieben, das Kind bevorzuge Sie ganz besonders stark, seitdem es seinen eigenen Willen entdeckt hat.
Wie war es vorher, hat Ihr Sohn sich von Ihnen beiden gleichermaßen versorgen lassen? Wie haben Sie als Eltern die Betreuung Ihres Sohnes in den ersten zwei bis drei Lebensjahren gestaltet und aufgeteilt?
Haben Sie und Ihr Mann den Eindruck, es geht darum den eigen Willen durchzusetzen oder denken Sie, der Kleine braucht in den geschilderten Situationen Sie als derzeit erste Bezugsperson, nicht so sehr aus seinem Willen heraus sondern aus seinem Bedürfnis nach Sicherheit?
Wie reagiert Ihr Sohn, wenn Sie und Ihr Mann die Zu-Bett-Geh-Situation oder auch das Frühstück gemeinsam gestalten, haben Sie das schon mal ausprobiert?
Und schließlich: Gibt es Dinge, die das Kind vielleicht besonders gern mit dem Papa macht oder unternimmt und in denen der Papa dann besonders angesagt ist?
Vielleicht mögen Sie diese ersten Fragen beantworten, um dann gemeinsam im Elternforum weiterzuschauen und Antworten abzuleiten, was Ihnen in der gegenwärtigen Lebenssituation gut weiterhelfen könnte. Zusätzlich gibt es natürlich auch die Möglichkeit, dass Sie (und Ihr Mann) unsere Mailberatung nutzen.
Ich grße Sie herzlich
bke-Hana Blum